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20.03.1942. Im Rogatiner Ghetto ermorden die Deutschen 2000 Juden

 


ROGATIN (poln. Rohatyn), Stadt in Galizien, heute in der Ukraine, nördlich von Iwano-Frankowsk (Stanislau); zwischen den Weltkriegen gehörte sie zu Polen. Vor dem Zweiten Weltkrieg lebten dort 3000 Juden. Im September 1939 wurde Rogatin von der Roten Armee besetzt und - wie ganz Ostpolen - von der Sowjetunion annektiert. Daraufhin suchten dort mehrere hundert Juden aus dem deutsch besetzten Teil Polens Zuflucht. Nach dem deutschen Überfall auf die Sowjetunion am 22. Juni 1941 konnten mehrere Dutzend junger Juden aus Rogatin entkommen und in das Innere der Sowjetunion flüchten.
Rogatin wurde am 2. Juli 1941 von der Wehrmacht eingenommen. Vier Tage später holten Männer der ukrainischen Miliz mehrere hundert Juden auf dem Marktplatz zusammen, quälten und schlugen sie. Am 12.Juli 1941 wurden 500 Juden in der Synagoge mißhandelt, zusammengeschlagen und auf andere Weise gedemütigt. Einige wurden verhaftet und zur Zwangsarbeit verschleppt; jüdisches Eigentum wurde geplündert.
Ende Juli 1941 wurde ein Judenrat gebildet, dem Schlomo Amarant vorstand. Im August 1941 ordneten die Deutschen die Zahlung einer Kontribution an. In jenem Herbst wurde der Judenrat angewiesen, für die Arbeitslager in der Umgebung Gruppen von Arbeitern zusammenzustellen. Gegen Ende des Jahres 1941 wurden die Juden aus Rogatin in einem Ghetto interniert, in dem zusätzlich Juden aus den nahegelegenen Städten Potok, Salipje, Tschertsche, Babinzy und Podkamen untereebracht werden mußten. Die Ghettobewohner waren von der Außenwelt abgeschnitten. Hunger und Überfüllung verursachten ansteckende Krankheiten, an denen viele starben.
Am 20. März 1942 trieb die deutsche und die ukrainische Polizei erneut Juden auf dem Marktplatz zusammen. Mehrere Dutzend, die zu fliehen versucht hatten, wurden getötet. Am gleichen Tag wurden die Juden zu Gruben gebracht, die vorher in der Nähe des Bahnhofs ausgehoben worden waren, und dort erschossen. Insgesamt wurden 2000 Juden ermordet. Ukrainische Bauern raubten den Opfern ihre Kleider und anderen Besitz. In diesem Frühjahr wurden Juden aus Burschtyn, Kniginitsche und Bukatschowzy in das Rogatiner Ghetto gebracht. Am 2. September 1942 wurde eine zweite »Aktion« durchgeführt, bei der man 1000 Juden in das Vernichtungslager Belzec deportierte.
Im Oktober und November 1942 kamen die in den jüdischen Gemeinden Chodorow und Bolschowzy verbliebenen Juden in das Rogatiner Ghetto. Am 8. Dezember 1942 wurden weitere 1500 Menschen nach Belzec deportiert, wo die Älteren und Gebrechlichen auf der Stelle ermordet wurden. In der ersten Hälfte des Jahres 1943 kam es wiederholt zu solchen Tötungsaktionen. Das Ghettoareal wurde verkleinert. Im Mai 1943 ging eine Gruppe junger Juden in die Wälder, um die Möglichkeiten für einen Kampf gegen die Deutschen und ihre ukrainischen Helfershelfer zu erkunden. Die meisten aus der Gruppe kamen in das Ghetto zurück, da sie keine Waffen bekommen konnten.
Am 6. Juni 1943 wurde mit der Räumung des Rogatiner Ghettos begonnen. Die SS und ukrainische Polizei setzten die Häuser im Ghetto in Brand, um alle sich dort versteckt haltenden Juden hinauszutreiben. Die letzter Juden der Gemeinde wurden in Gruben auf dem Friedhof ermordet. Die Jagd auf die Überlebenden ging selbst noch nach der Auflösung des Ghettos weiter. Die Juden, die von Deutschen in Verstecken entdeckt wurden leisteten bewaffneten Widerstand. Alle verhafteten Juden wurden ermordet. Am 24. Juli 1944 wurde Rogatin von der Sowjetarmee befreit. Etwa 30 Juden hatten in Verstecken überlebt, die meisten von ihnen verließ bald die Stadt.
 

siehe:
Enzyklopädie des Holocaust, Band III