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20.06.1940. Das Massaker an den Tirailleurs in Chasselay/Frankreich


Nachdem die Deutschen am 19. Juni die französischen Stellungen im Kloster Montluzin eingenommen hatten, töteten sie alle schwarzen Soldaten, die die Kämpfe überlebt hatten, sowie einige ihrer weißen Offiziere. In Lentilly wurden 13 gefangene Tirailleurs Senegalais mit Maschinengewehren erschossen.

Im Dorf Chasselay, etwa zwei Kilometer nördlich von Montluzin, konnte sich eine Gruppe Tirailleurs in einem Schloss noch bis zum nächsten Tag halten. Sie ergaben sich erst am Nachmittag des 20. Juni, nachdem ihnen die Munition ausgegangen war. Acht weiße Offiziere und sechzig bis siebzig schwarze Soldaten wurden daraufhin von den Deutschen in das Nachbardorf Cheres gebracht. Die Offiziere mussten sich in der Nähe eines Feldes, in dem zwei Panzer geparkt waren, auf den Boden legen, und die Tirailleurs sollten sich mit erhobenen Händen auf dem Feld um die Panzer gruppieren. Die Schwarzen erhielten von den Deutschen das Kommando, wie bei einem Fluchtversuch loszulaufen, woraufhin die beiden Panzer begannen, mit ihren MGs und Kanonen auf die Flüchtenden zu schießen und die Verwundeten und Toten zu überfahren. Bei diesem Blutbad, das ein Beobachter als »Danteske Schreckensvision« beschrieb, wurden fast sechzig Tirailleurs ermordet. Einer der weißen französischen Offiziere wurde von einem deutschen Soldaten absichtlich durch einen Pistolenschuss verwundet, den anderen Offizieren wurde jedoch nichts getan. In den darauf folgenden Tagen fand man einige der überlebenden Tirailleurs in den Häusern von Chasselay und den umliegenden Feldern und Obstwiesen. Francoise Meifredy, eine energische Frau von den Amities Africaines, einer Organisation zur Unterstützung afrikanischer Soldaten, suchte die Gegend nach Überlebenden ab. Sie fuhr die häufig schwer verwundeten Männer nach Lyon und rettete sie dadurch vor der Kriegsgefangenschaft und einer möglichen Erschießung. Nach derzeit verfügbaren Informationen überlebten 15 Tirailleurs meist schwer verwundet dieses Massaker. Insgesamt wurden in den Dörfern nordwestlich von Lyon ungefähr 100 schwarze und etwa ein Dutzend weiße Soldaten (überwiegend Offiziere, die Schwarze befehligt hatten) ermordet.


Anm: In nach dem Krieg verfassten Büchern über die beteiligten deutschen Einheiten werden diese Kämpfe zwar erwähnt, zu den Massakern jedoch schweigen die Verfasser erwartungsgemäß, so in: Albert Schick: Die 10. Panzer-Division 1939-1943, Köln 1993, S. 228-232; Vopersal: Soldaten, Kampfer, Kameraden, S. 246-249; Helmut Später: Die Geschichte des Panzerkorps Großdeutschland, Duisburg-Ruhrort 1959

aus:
Raffael Scheck
Hitlers afrikanische Opfer. Die Massaker der Wehrmacht an schwarzen französischen Soldaten, 2009

 

Friedhof "Tata Senegalais" in Chasselay
Quelle: Fluchschrift, April 2010