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Du  bist Ostdeutschland (I)

 
SZ v. 27.03.2006

Rassismus in der Oberliga NOFV Süd

Opfer und Täter

Berlin - Die rassistischen Zwischenfälle beim Oberligaspiel des Halleschen FC gegen Sachsen Leipzig (2:2) haben ein Nachspiel - für das Opfer. Wie der Sprecher der Polizeidirektion Halle/Saale, Siegfried Koch, am Montag erklärte, hat die Polizei in Halle gegen den nigerianischen Fußballer von Sachsen Leipzig, Adebowale Ogungbure, Anzeige nach Paragraph 86 a (Verbreiten von Propagandamitteln verfassungswidriger Organisationen) erstattet und entsprechende Ermittlungen aufgenommen. Dem Schwarzafrikaner wird vorgeworfen, den Hitler-Gruß gezeigt zu haben. „Wir werden der Sache nachgehen und dann sehen, was rauskommt", sagte Koch.
Nach übereinstimmenden Medienberichten war Ogungbure, 24, am Samstag in Halle während fast des gesamten Spiels Opfer rassistischer Schmähungen gewesen. Er sei als „Drecksnigger und Bimbo" beschimpft worden, wird Ogungbure zitiert. Auch Dritte berichteten, der Nigerianer habe 90 Minuten lang so genannte Affenlaute über sich ergehen lassen müssen. Die Lage eskalierte nach Halles Ausgleich zum 2:2 in der Schlussminute: Fans beider Vereine versuchten, den Rasen zu stürmen, wurden aber von 450 Polizisten zurückgedrängt. Als Ogungbure den Rasen verlassen wollte, seien die Schmährufe wieder aufgebrandet. Daraufhin zeigte Ogungbure den Halleschen Anhängern den Hitler-Gruß sowie „das Diktatorbärtchen" (Bild), indem er zwei Finger der anderen Hand an seine Oberlippe führte. „Ich wollte zeigen, dass ich mir nichts gefallen lasse", zitierte die Bild den Spieler, der tätlich angegriffen und bespuckt wurde. Der Leipziger Volkszeitung sagte er: „In meiner ganzen Karriere wurde ich noch nicht so behandelt wie in dieser Oberliga."
Für besondere Empörung sorgte bei Leipzigs Manager Achim Jungnickel, wie der Nigerianer von einigen ostdeutschen Medien für seine Geste kritisiert wurde. „Für den negativen Höhepunkt des Derbys sorgte der Leipziger Adebowale Ogungbure. Nachdem er von aufgebrachten Fans provoziert worden war, ließ sich der Nigerianer beim Abgang vor der Haupttribüne zum Hitlergruß hinreißen", schrieb zum Beispiel die Mitteldeutsche Zeitung aus Halle. Unterdessen erwägt der Nordostdeutsche Fußballverband (NOFV) offenbar, auf die Ausschreitungen in der Oberliga zu reagieren.
„Wir reden seit geraumer Zeit darüber, bis in die vierte Liga mit Stadionverboten zu arbeiten. Auch wenn es viel Geld kostet. Jedes Vorkommnis ist eins zu viel, wir müssen die Störer rausbringen", sagte NOFV-Geschäftsführer Holger Fuchs dem Sport-Informationsdienst. Vermutlich dürfte Fuchs dabei den WM-Slogan "Die Welt zu Gast bei Freunden" im Sinn gehabt haben: Am Samstag war ein japanischer TV-Sender zugegen, um einen Bericht zu drehen über den WM-Botschafter Rene Müller, Halles Trainer.
(je)